Gedanken auf der Rückreise von Colonia
29 Jan 2017Serge Alpenmilch
26. Januar 3303Bevor ich aus Michel loszog, um in Colonia mein Glück zu versuchen, traf ich vor einer Spielunke im Kiez von Witt Station einen dieser vielen religiösen Wirrköpfe.
Abergläubisch, wie wir Sternfahrer vor großen Fahrten nun mal sind, lud ich ihn auf ein Bier ein, auch wenn ich wenig als sinnloses Geschwafel erwartete. In dieser Hinsicht enttäuschte mich mein abgerissener neuer Freund nicht.
Eine Weile saß er mir stumm gegenüber und rührte sein Getränk nicht an. Dann fing er an leise zu brabbeln, weswegen diese Leute seiner Glaubensrichtung wohl auch die Brabanten genannte werden.
Er murmelte: „…Am Anfang war das Wort. Und das Wort ward Code… Dann schuf der Schöpfer vor Urzeiten die Punkte, Ursprung allen Lebens, und es waren die Sterne des Universums erschaffen. Diesen Punkten gab er die heiligen Linien und verband sie auf geschickte Weise. So waren die Objekte und Formen des Alls geschaffen. Diesen Objekten gab er auf wundersame Weise Farben….“
Meine Augen fielen mir zu. Sein einlullender Singsang hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Bruchstückhaft folgte mein Geist seinem sinnlosen Monolog.
„…schickte er uns seinen eingeborenen Sohn, den Edlewi, mit uns die Leiden und Freuden seines Werks zu erfahren, und uns zu lehren, was diese Welt für uns bereit hält…“
So ging es lange weiter und ich kann mich an wenig erinnern, dass ich nicht nur unbewusst im Halbschlaf gehört habe.
„..diese Welt ist nicht vollkommen, so steht es geschrieben, denn die Schöpfung ist noch nicht zu Ende…Wahrlich, ich sage euch von den Dingen, die kommen werden…“
Plötzlich schreckte ich hoch, starrte dem starr vor mir Sitzenden in sein ausdruckloses Gesicht, und hatte das Gefühl, die Unendlichkeit dieses Universums mit all seinen Facetten spüren zu können.
Panisch warf ich ein paar Münzen auf den Tisch und stürmte aus der Bar, ohne mich noch einmal umzusehen.
Ich habe keine Ahnung, warum mir diese Begegnung hier draußen, tausende Lichtjahre von jeder Zivilisation in den Sinn kommt. Ich bin nicht religiös und glaube nicht an diese naive Vorstellung vom "Intelligent Design", auch wenn mir das Motto der LIKEDEELER: “Gottes Freund und aller Welt Feind!“ irgendwie gefällt. Vielleicht liegt es auch nur an dem Rest Lavian Brandy mit Zigarettenasche, den ich gerade getrunken habe.
Trotzdem überkommt mich hier draußen eine tiefe Dankbarkeit, über die Wunder des Universums, die ich mit meinen Freunden erfahren darf.
Egal wer oder was das Ganze hier geschaffen hat: Danke, Mann!
Du hast Dir ein Bier verdient.