Der 3. Mann taucht auf...
09 Dec 2020Dante Barracuda
Es war später Abend, als im Quartier der Costellos das Visiphon klingelte. Ächzend erhob sich Mike Costello, trat an die Wand und drückte den Rufannahme-Button.Isobel hatte die Gegenschicht übernehmen müssen. Sie war nun schon stellvertretende Dispatcherin in der Flugkontrolle des Bingo Palastes in Aramzahd. Die beiden Mädchen waren zu Besuch bei Freundinnen. Er nahm an dass sie gemeinsam das Promenadendeck unsicher machten. Deshalb hatte er den Beginn des Abends in Gesellschaft einiger Biere verbracht.
“Sir, wir haben hier jemanden in der Einreisekontrolle der sich auf sie beruft, könnten sie zu uns kommen? Pad 17.”, Costello starrte ungläubig ins Gesicht eines der Zollbeamten.
“Irrtum ausgeschlossen? Ich erwarte niemanden.”, fragte er. “Ja, Sir. Bitte kommen sie zu uns wenn es möglich ist, ansonsten müssten wir den Mann abweisen.”, antwortete der Beamte. “Na gut. Aber geben sie mir ne Viertelstunde Zeit, ja?”, knurrte Costello und drückte den Knopf bevor der Beamte etwas erwidern konnte.
Wer konnte das sein? Seine Verwandten (die paar die er hatte und die vom Alter her noch reisefähig waren) hatten nichts angekündigt. JoBa oder ein anderer näherer Freund würden vom Zoll nicht aufgehalten worden sein. Während er seufzend seine Pilotenkombi anzog gingen ihm diese und ähnliche Gedanken durch den Kopf.
Es dauerte keine Viertelstunde, als er schließlich durch die Schleuse in die Einreisekontrolle des Landepad 17 trat. Der Beamte der ihn angerufen hatte bedeutete ihm mitzukommen. Sie betraten einen mit ‘Interview 5’ bezeichneten Raum. Ein typischer Verhörraum. Kahl, unfreundlich, angeschraubter Tisch und ebensolche Sessel. Fix montiertes Aufzeichnungsgerät. Auf einem der Sessel fuhr eine Gestalt aus dem Schlaf hoch der sie während des Abwesenheit des Beamten übermannt hatte.
“Porca Miseria!”, entfuhr es Costello beim Anblick des vor ihm sitzenden Mannes, der mit Handschellen an einen im Tisch eingelassenen Ring angekettet war. Mit einem Satz war er bei ihm und schlug ihm die Faust ins Gesicht. “Hey was soll denn das?”, rief der Beamte und riss ihn von dem Mann weg, der mit der freien Hand einen dünnen Blutfaden aus seinem Mundwinkel weg wischte. Costello wurde an die nächste Wand gedrängt. “Ma vaffanculo stronzo! Cretino miserabile! Das Arschloch ist Schuld dass mein kleiner Bruder sterben musste!” schrie Costello, gab aber dann die Gegenwehr auf.
“Hallo Michele! Freut mich auch dich wiederzusehen!”, sagte der Mann am Tisch. Bitterkeit klang aus seiner Stimme. Inzwischen hatte Costello die Gegenwehr aufgegeben und stand ruhig an der Wand. “Was willst du? Hast du meiner Familie nicht schon genug Unglück gebracht?”, fragte Costello mühsam beherrscht.
“Ich bin hier um ein - nein zwei Versprechen einzulösen.”, der Mann blickte auf die Tischplatte hinab. “Ich habe deinem Bruder bevor er starb versprechen müssen ein neues, ein ehrliches Leben zu beginnen und das werde ich schaffen. Die Zeit im Knast war hart. Aber mit guter Führung bekam ich eine Möglichkeit. Ich durfte den Pilotenschein machen, weil sie in den Minen zu wenig Piloten hatten um das Erz zum Frachthafen zu fliegen. Jetzt ist meine Strafe abgebüßt und ich bekam die übliche Sidewinder um schnellstmöglich zu verschwinden. Michele ich habe vor das Versprechen das ich deinem Bruder gab einzulösen. Aber dazu brauche ich ein wenig Starthilfe von einem eingesessenen Piloten. Deswegen komme ich zu dir. Wenn du es nicht für mich tun willst tu es zum Andenken an Luigi!” “Du wagst noch seinen Namen in den Mund zu nehmen, du Mörder?”, ereiferte sich Costello wieder. “Ich habe ihn nicht umgebracht!”, erregte sich jetzt auch der Sitzende. “Nein, aber du trägst die Schuld daran! Du musstest dich ja mit dem Kartell anlegen, nicht wahr? Und dann hast du meinen kleinen Bruder auch noch mit hineingezogen! Dich hätten sie umbringen sollen, nicht ihn!”, gab Costello eiskalt zurück. “Ja, ich hätte auch viel darum gegeben statt ihm hingerichtet zu werden, leider ist es anders gekommen.”
“Jagen sie dich noch immer?”, fragte Costello leiser als zuvor. “Bisher hatte ich noch keine Zusammenstöße.”
Costello nickte. “Also gut! Um meinen toten Bruder zu ehren werde ich dir Starthilfe leisten, aber lass dir in unserem Gebiet ja nichts zuschulden kommen denn dann werde ich dich finden und das Urteil vollstrecken das ich vor Jahren über dich gefällt hatte!” Costello spuckte diese Worte regelrecht aus. Der Mann am Tisch nickte. “Danke.” sagte er nur.
Costello wandte sich an den Beamten. “Sie können ihn durch lassen, ich übernehme die Verantwortung für ihn!” Mit den Worten “Aber benehmt euch! Alle Beide!” schloss der Zollbeamte die Fessel des Mannes auf, scannte seinen Barcode am Handgelenk und drückte auf das Feld “Einreise erlaubt” auf seinem Pad. “Wir sehen uns morgen, in aller Frühe. 0730 bist du in deiner Mühle, klar?” Costello wandte sich zum Gehen, verharrte dann aber noch. “Nebenbei gesagt: Du erwähntest zwei Versprechen. Was ist das Zweite?”
“Die Bosse und die Killer des Kartells. Ich hab damals gegen sie ausgesagt, aber die sind abgetaucht bevor man sie erwischen konnte. Sieben Leute insgesamt. Sollte ich sie finden werde ich sie exekutieren.” “Das schaffst du nie alleine! Der Versuch schon ist Wahnsinn!”, rief Costello. “Ich rechne nicht damit zu dem Zeitpunkt alleine zu sein.”, er sah Costello in die Augen. “Va bene, gib mir die Namen.”, sagte dieser nur nickend.
Noch am gleichen Abend kontaktierte Mike Costello Jo’Baccaroo, der sich auf der UGC Beagle Point Tour mit Luther McCain befand. Sie waren vor kurzem erst von Sagittarius A aus gen Beagle Point aufgebrochen. Als JoBa den Ruf beantwortete sah Mike dass er in der Messe saß, eine dampfende Schüssel mit einem Reisgericht vor sich.
“Dras`kay Trevan! Sala kha`jay! Kaaka vaba deqeka?”, begrüßte ihn dieser. Costello der in der Zeit mit JoBa einige Brocken Ta’agra gelernt hatte und sowohl den Gruß, als auch die Frage nach dem Grund seines Anrufes verstand räusperte sich. “Hallo Jo`Ba, na wie gehts euch da draussen?” “Wir lassen uns - wie man bei euch sagt: Die Sonne auf den Bauch scheinen!”, kam JoBas Antwort. Costello lächelte. “Habt ihr euch verdient! Aber jetzt der Grund warum ich dich rief: Du hattest mir doch für den Fall dass sich etwas wichtiges ereignet Vollmacht gegeben deine alten SIS-Kontakte zu nutzen? Darf ich dies auch aus einem wichtigen eher privaten Grund?” “Ja, natürlich. Alles in Ordnung bei Euch daheim?”, Jo’Ba legte die Gabel beiseite und sah ihn besorgt an. “Ja, natürlich alles klar hier, bis auf die alltäglichen kleinen Problemchen. Also danke für die Erlaubnis und viel Spass noch da draussen!”, Costello winkte und schaltete schnell den Kommunikationskanal ab. Nahe des Mittelpunktes der Galaxie nahm Jo’Ba verwundert seine Gabel wieder auf und zog sich seine Schüssel heran.
Statt weiter zu essen griff er jedoch zum Armterminal und kontaktierte Frank Paloma. “Frank? Grüße! Gleich vorweg uns gehts allen super hier. Tu mir einen Gefallen, bitte: Überwache diskret die Costellos vor allem Mike Costello. Ich fürchte er könnte ein Problem haben und möchte uns da raushalten. Falls nötig hast du freie Hand ihm jede erdenkliche Hilfe zu leisten!”, überfiel er den Mann mit dem fragenden Gesichtsausdruck und der Zigarre im Mundwinkel, nachdem er am Bildschirm aufgetaucht war. “Äh, hi JoBa, erst mal. Alles klar mache ich!”, stotterte Paloma los. “Danke, man sieht sich!”, JoBa winkte kurz und der Bildschirm wurde dunkel. Verwirrt schaltete Frank Paloma das Gerät ab und ging zu seinem Schreibtisch….
Ein Mann betrat das Büro der Quartiermeisterei. Die Sachbearbeiterin der Abendschicht begrüßte ihn kühl. “Name?” “Dante Barracuda. Benötige eine Schlafkoje, mehr nicht!” gab der Mann ebenso kühl zurück. Er hielt ihr den Strichcode Am Armgelenk entgegen den sie scannte. “Block F, Koje 4521. Schönen Aufenthalt Mister Barracuda.” “Danke” murmelte er und ging um zu schlafen und vielleicht zu vergessen für ein paar Stunden…..