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In der Falle

26 Jan 2022Calle
Wie konnte ich nur so leichtfertig sein? Ich dachte 24 Stunden sind genug und mich würde keiner mehr suchen. Also habe ich Macdonald Settlement total leichtsinnig und unvorbereitet verlassen. Kaum war ich abgedockt, kaum habe ich diesen verdammten Schlitz ins kalte, unbarmherzige All verlassen, da tauchte sie auf dem Radar auf. Eine Reguliererin. Eine. Verdammte. Regulierin! Scheiße! Wo einer von den Arschlöchern ist, da sind auch noch mehr. Das ist so sicher, wie dir dein Augäpfel gefriert wenn du ohne Raumanzug die Luftschleuse deines Schiffes verläßt. In einem halsbrecherischen Manöver hab ich mein Schiff kurz nach der Schleuse noch im An- und Abflugbereich der Station gewendet. Die Flugkontrolle der Station ist im Funk völlig eskaliert, das die mich nicht umgehend aus dem All geschossen haben, lag nur daran, dass ein Passagierliner in der Schusslinie war der mir zu allem Übel auch noch hart ausweichen musste damit wir nicht kollidieren. Ich Idiot. Besser hätte ich die Aufmerksamkeit nicht auf mich lenken können.
Natürlich war es das für mich. Ich war aufgeflogen. Die Reguliererin musste mich bemerkt haben. Alles andere wäre undenkbar. Sie wäre keine Kopfgeldjägerin der Supermächte geworden, würde ihr so eine Panikreaktion nicht auffallen. Auf der anderen Seite konnte ich schon die Sicherheitskräfte der Station am Landepod sehen, wie sie grimmig ihre Aufstellung einnahmen um mich in Empfang zu nehmen um mir ihre Dankbarkeit für mein Flugmanöver entgegen zu bringen. Ich war in der Falle, ohne Aussicht auf Rettung. Mir blieb die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Sollte ich einfach vollen Schub geben? Alle Waffensysteme der T10 aktivieren und wie eine funkelnde Discokugel mein letztes episches Gefecht vor einer stinkenden Station im nirgendwo ausfechten, bevor ich in einer lautlosen Explosion in die lange Vergessenheit des Alls verschwinde? Mir gefällt der Gedanke. Jedenfalls mehr als der das ich in einer kalten, feuchten Zelle im nirgendwo verschimmel.
Gerade als ich die notwendigen Befehle in den Boardcomputer eintippte, ertönte ein stationsweiter Alarm. Gefechtsalarm! Vor der Station wurde gekämpft. Das Sicherheitspersonal am Landepod marschierte im Laufschritt ab. Was war da los? Ich sah auf meinen Scanner. Draußen, keine 1000 Meter vor der Station wurde gekämpft. Offensichtlich befand sich ein verrückter mit einem sehr, sehr kleinen Schiff, es könnte sich um eine Sidewinder handeln, im Kampf mit sämtlichen Sicherheitskräften und der Reguliererin! Was musste dieser Irre an Board haben, um diesen aussichtslosen Kampf zu führen? Egal, er verschaffte mir die nötige Ablenkung um mein Schiff zu landen und unterzutauchen. Gerade als mein Landecomputer meine T10 sanft auf der Landefläche aufsetzen ließ, konnte ich auf den Monitoren die lautlose Explosion des Tollkühne Angreifers sehen. Ich werde im zu ehren noch heute eine Flasche Lave Brandy öffnen, mein namenloser Held.
Plötzlich riß mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Erschrocken fuhr ich herum, nach meinem Holster greifend. Er war leer! Die Waffe lag verstaut in der Schlafkoje. Ich fragte mich noch wie jemand so schnell hatte unbemerkt auf mein Schiff kommen können, als ich Linwood erkannte. Wie angewurzelt hielt ich inne und starrte ihn mit offenem Mund an. Mit einem schrägen Grinsen stand er da vor mir und versuchte wohl mein Verhalten zu analysieren, bis er schließlich: "Na, dass war ja was." sagte. Ich konnte nicht antworten. Meine Gedanken überschlugen sich. Wo kamer er so plötzlich her? War er schon die ganze Zeit an Board? Wann und wie ist er an Board gekommen? Und! Verdammte Scheiße! Warum ist er nicht an Board des Trägers, wie ich es ihm befohlen hatte? Aber noch ehe ich irgendwie reagieren konnte, ich wollte gerade meine ganze Wut und Anspannung der letzten Tage und Stunden an diesem Wichser auslassen, da würde er plötzlich ernst. Mit belegter und etwas zittriger Stimme sagte er: "Tut mir leid Boss, ich konnte den Fighter nicht mehr retten. Du musst wohl einen Neuen kaufen." Ich verstand erst gar nicht was er von mir wollte. Meine Gedanken waren blockiert, alles schien durch einen engen Flaschenhals zu rieseln wie Sand durch die enge Stelle einer Sanduhr. Aber nach und nach fügte sich das Bild in meinen Gedanken zusammen. Linwood Carlson-Flores, dieser Verrückte. Linwood Carlson-Flores dieses Genie! Er war an Board gewesen, warum auch immer, aber er war hier beim mir auf der T10 gewesen. Er hat den Fighter gestartet just in dem Moment als das Chaos am Größten war. Als ich den irren U-Turn gemacht habe, als es zur beinahe Kollision mit dem Passagierliner gekommen ist. Und dann hat er direkt die Reguliererin angegriffen, was natürlich die Sicherheitskräfte der Station mit auf den Schirm geholt hat. Keine Raumstation ist von Kämpfen in unmittelbarer Nähe begeistert undwird alles versuchen um jegliche Gefahr in Sekunden auszuschalten. 90 Sekunden. Satte 90 Sekunden hat Linwood Carlson-Flores ausgehalten, während eine Übermacht an Gegner auf diesen winzigen Papierflieger aus allen Rohren feuerten! Unglaublich. Meine T-10 hätte vermutlich nicht länger ausgehalten. Ich ging einen Schritt auf Lindwood zu, er wich zurück. War ich so ein Arschloch zu ihm? Habe ich ihn falsch eingeschätzt? Jedenfalls habe ich ihn lange Zeit nicht gut behandelt. Die Zeit darüber nachzudenken war aber nicht jetzt. Jetzt überwog Freude, Erleichterung und viel Adrenalin alles andere. Ich ging rasch noch einen Schritt auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Sichtlich verwirrt und steif ließ er die Umarmung über sich ergehen. Wortlos ließ ich ihn wieder los und ging in den Laderaum. Zurück kam ich mit einer Kiste Lave Brandy. Heute würde ich nicht auf einen unbekannten Retter trinken. Heute werde ich zusammen mit Lindwood das Leben genießen und heute werde ich Lindwood für seinen legendären Kampf feiern. Heute weiß ich wieder warum Lindwood Seite an Seite mit mir kämpft und das er gut in dem ist was er tut. Ja, für heute weiß ich das....
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