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Wie ich zu dem wurde, was ich heute bin.

18 May 2023Jaroslaph
Jaroslaph Van‘Drahhl kommt aus ärmlichen Verhältnissen.

Die Mutter, eine Erdenfrau;
Der Vater, ein Reisender, dessen Heimat er niemals geäußert hatte.

Aus diesem Grund wuchs Jaroslaph ohne Vater auf.
Seine Kindheit gestaltete sich recht schwer, er fühlte sich nicht so wie die anderen Kinder. Nicht weil er anders aussah als sie, sondern weil er niemals eine Vaterfigur in seinem Leben hatte. Während die anderen Kinder glückliche Familien hatten, hatten seine Mutter und er nur sich selbst.
Und mit dem spärlichen Lohn, welcher seine Mutter für die Arbeit in der Fabrik bekam, war es ein Wunder, dass es täglich zwei Mahlzeiten gab.



Um seine Mutter finanziell zu unterstützen, ging er im Alter von 10 Jahren arbeiten. Es war keine Arbeit im Sinne von „ich arbeite von 9-5 und bekomme dafür ein festes Gehalt“, vielmehr gestaltete es sich so, dass er in der Stadt nach Arbeit suchte. Er fragte wildfremde Menschen, ob sie etwas zu tun hätten, und ob sie ihm dafür eine kleine Entlohnung geben würden.
Viele verwiesen ihn und meinten, er solle zurück in die Schule.
Einige jedoch nahmen sein Angebot an. Es waren meistens dreckige Aufgaben, welche ‚normale‘ Leute nicht gerne taten. Jedoch bekam er dafür eine, zwar geringe, aber ehrlich Entlohnung.

Über die Zeit konnte er sich etwas ansparen, und jedes Jahr, zum Geburtstag seiner Mutter, übergab er ihr einen Umschlag mit dem von ihm hart erarbeiteten Geld.

Mit der Zeit bekam Jaroslaph sogar feste Kunden, welche seine Arbeits- und Willensbereitschaft mit immer mehr Geld vergüteten. Somit hatte er auch immer mehr Geld für sich, und konnte so seiner Mutter helfen, und ihm selbst. Er sah gepflegter aus, hatte wärmere Kleidung und ein besseres Selbstwertgefühl.
Kurz gesagt, sein Leben schien endlich bergauf zu gehen.



Aber so schnell man sich auch hocharbeiten kann, umso schneller fällt man tiefer als am Anfang.
Es war das Jahr 3303, Jaroslaph war 18, und das, von dem man dachte, es würde nie wieder passieren, trat ein.
Die Thargoiden erklärten den Krieg, welcher viele Opfer forderte.
Chaos herrschte in jener Nacht, in der sich Jaroslaph‘s Leben auf einen Schlag ändern sollte.
Er und seine Mutter verbarrikadierten sich in der Wohnung, als die Tür eingetreten wurde. Ein Plünderer hatte es auf ihr Hab und Gut abgesehen.
Als seine Mutter versuchte, sie und ihren Sohn zu beschützen, überschlugen sich die Ereignisse und die Zeit schien stehen zu bleiben. Jaroslaph sah durch die Schlitze des Wandschranks zu, wie seiner Mutter, der einzigen Person, zu welcher er je eine Bindung hatte, zuerst in den Bauch und dann in die Brust geschossen wurde.

Starr und still stand er da, in seinem Wandschrank, alles um ihn herum schien in Zeitlupe abzulaufen, als er den Körper seiner Mutter leblos zu Boden sinken sah.

Wie aus einem Traum gerissen, öffnete er die Tür des Schranks, als der Mörder in das Nebenzimmer ging, um seine Plünderung fortzusetzen. Er kniete vor dem kalten Körper seiner Mutter nieder, versuchte alles, was er wusste, um ihr irgendwie zu helfen, doch es war zu spät.
Alles was nun folgen würde, würde sein Leben von nun an bestimmen.
Mit blutverschmierten Händen griff Jaroslaph nach einer schweren Bronzestatue und schlich sich von hinten an den Plünderer heran.
Jaroslaph drehte nun durch, was nun geschehe, läge nur in Gottes Hand.
Mit einem dumpfen Schlag ging der Eindringling zu Boden.
Wie von einem Geist ergriffen, schlug Jaroslaph immer und immer wieder auf den Kopf des Mannes ein, der vor fünf Minuten seine Mutter ermordet hatte.
Er schlug so lange auf seinen Kopf ein, bis man nur noch anhand des Halses erahnen konnte, was dort früher war.

Er schnappte sich einen dunklen Mantel und verließ die Wohnung. Hauptsache weg, und nie wieder kommen.

Er rannte durch die Straßen, ohne Ziel. Er kam in der Ruine eines Wohnhauses zur Ruhe. Doch dieses Gefühl blieb. Dieses Gefühl der Statue in seiner Hand, das Gefühl von warmem Blut in seinen Handflächen, das Gefühl von Adrenalin in seinem Blut.
Er war berauscht von der Wirkung des Hormons, welches er zwar kannte, aber welches noch nie in solchen Mengen durch seine Adern floss.
Und er hatte nicht vor, dieses Gefühl zu verlieren.

Er schwor sich nur eine Sache, keine Unschuldigen.

Er schnappte sich seinen Mantel und zog die Kapuze tief ins Gesicht.
Immer, wenn Jaroslaph Zeuge einer Straftat in der Zeit des Krieges wurde, nahm er die Verfolgung auf. Er schlich sich an seine Opfer heran und streckte sie von hinten nieder. Niemand hatte ihn erkannt, somit konnte auch niemand einen Schuldigen benennen.

Jeder wusste, dass diese Opfer nicht den Thargoiden zuzuschreiben wären. Und als sich die Opfer häuften, fand man schnell einen Namen für diesen tödlichen Schatten: ‚Kalel‘ , was soviel heißt wie ‚Stimme Gottes‘.
Das machte durchaus Sinn, da er nur jene Leben beendete, welche zuvor eine Straftat begangen hatten.

Ihm gefiel sein neuer Name. ‚Kalel‘ hatte etwas mystisches, etwas Geheimnisvolles. Und immer wenn er seine Kapuze über das Gesicht zog, wurde er von Jaroslaph Van‘Drahhl zu Kalel.

Doch er machte einen Fehler. Eines Nachts, Kalel hatte gerade sein nächstes Opfer auf dem Gewissen, trat eine junge Frau von hinten an ihn heran und zog ihm die Kapuze vom Kopf. Er stand nun da, aufgeflogen, seine Tarnung war nun keine mehr. Was sollte er nun tun? Sollte er sie niederstrecken? Sollte er das tun, was er sich geschworen hatte, niemals zu tun? Sollte er eine Unschuldige ermorden?

Doch es kam anders. Diese Frau hatte keine Angst vor ihm. Sie stand da, mit Tränen in den Augen und hob ihm einen Credit-Chip hin.
„Kalel, bitte helft mir, ich bezahle auch. Es gibt da diesen Mann, er hat mich…“

Kalel musste nicht mehr hören. Er zog sich die Kapuze wieder ins Gesicht, nickte und nahm die Credits.



Somit zog ihn seine dunkle Seite in alle Winkel der Galaxie. Er wurde ungewollt zum Auftragsmörder und entschied sich dazu, seine Identitäten zu vereinen. Von nun an wäre sein voller Name: Jaroslaph „Kalel“ Van‘Drahhl.



Nach einiger Zeit, es sind mittlerweile vier Jahre vergangen und seine Liste mit Aufträgen auf dem ComPanel wird täglich länger. Er verdient gut, durch seinen „Beruf" konnte er sich ein gutes und schnelles Schiff zulegen, bessere Waffen und eine bessere physische Ausrüstung erwerben.
Doch nach Jahren des ewigen Raubzuges alleine wird auch ein Löwe irgendwann müde.

Jaroslaph sehnte sich nach Zugehörigkeit, nach etwas, wie einer Familie. Nach einer solchen Zeit sah man, was seine selbst auferlegte Pflicht mit ihm tat.
Die Jahre als Auftragsmörder hatten sein Gesicht altern lassen. Die Augen leer werden lassen. Er sah keinen Sinn mehr darin, alleine durch die Galaxis zu ziehen und seine Aufträge zu erfüllen.

So traf es sich gut, dass er am 10. Juli 3308, auf der Raumstation ‚Cenker Hub‘ im System NLTT 57216, auf T. „Crimson“ Sacred, einen Commander des Sonnenzorn Ordens traf. Und wie es sich herausstellen sollte, war es wohl Schicksal, welches ihn an dem Tag nach Cenker Hub führte.

Sacred musste sein Aussehen bemerkt haben, die Müdigkeit in seinem Gesicht und wie ausgelaugt Jaroslaph war.
Er schloss sich ihm an, zeigte ihm, was es hieß, zusammenzuarbeiten, welche Vorteile ein Team hatte.

Und nach und nach wurden Jaroslaph‘s Augen wieder heller. Er war nicht mehr alleine in den ewigen Weiten. Hatte jemanden, wen er um Rat fragen konnte. Ja, er hatte so etwas wie einen Bruder gefunden.

Nachdem sie mehrere Aufträge zusammen durchgeführt hatten, erkannte Sacred Jaroslaph‘s Potential und erkundigte sich vorsichtig, ob er nicht dem Orden beitreten wollen würde.

Jaroslaph gefiel Sacred‘s Vorschlag. Zumal er niemals vergessen hatte, aus welchem Grund und wegen welchen Kreaturen er so geworden war.
Es war ein Wunder, dass er genau auf den Orden traf, welcher sich dem Kampf gegen die Thargoiden verpflichtet hatte.
Er würde eine Familie finden, dem Orden seine Treue schwören und im Auftrag des Ordens agieren. Kopfgelder jagen, Thargoiden zur Strecke bringen und alles zum Wohle seiner ‚Familie‘.
Diese Vorstellung war das, wonach er sich schon lange sehnte.

Nach einigen InterCom Sitzungen mit dem Rat des Ordens trat Jaroslaph „Kalel“ Van‘Drahhl ihm am 26.08.3308 bei.

©️ Jarek Weiser
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